Menschen schützen statt Grenzen

Flüchtlinge in Griechenland

von Laura Baumann & Sara Höweler

Sie werden empfangen von Blendgranaten und Tränengas: Männer, Frauen und Kinder, die auf der Flucht vor dem Krieg in Syrien in der Türkei verharren mussten und nun die Hoffnung haben eine menschenwürdige Bleibe zu finden, sehen sich in Griechenland konfrontiert mit den Ängsten einer um sich schlagenden EU, die die „Sicherheit“ ihrer Grenzen und ihres Wohlstands gefährdet sieht. Die Sicherheitskräfte und das Militär sind schwer bewaffnet, rechtsradikale Schlägertrupps patrouillieren „auf eigene Faust“. Schüsse fallen und töten den 22-jährigen Syrer Muhammad al-Arab. Das Vorgehen der liberal-konservativen griechischen Regierung und – ebenso schlimm – dessen Tolerierung durch die Europäische Union sind ein Skandal.

Griechische Medien berichten von rund 12.500 Betroffenen, die auf der türkischen Seite der Grenze ausharren. Neben Muhammad al-Arab soll es zahlreiche Verletzte, möglicherweise weitere Tote, geben. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson ruft die griechische Regierung zwar dazu auf, sich an internationales Recht zu halten, doch ob dies geschehe, könne momentan „niemand sicher sagen“. So bleiben uns Augenzeugenberichte, Videos und Fotos in sozialen Medien. Zeugen dessen, was tatsächlich an den europäischen Grenzen passiert.

Griechenland und die Türkei weisen die Verantwortung von sich und überziehen sich gegenseitig mit Vorwürfen. Die EU-Innenminister verkünden unterdessen: „Illegale Grenzübertritte werden nicht toleriert“. Dazu werden die EU und ihre Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit europäischem und internationalem Recht „alle nötigen Maßnahmen ergreifen,“ so heißt es in einer Erklärung, auf die sich die Innenminister der 27 EU-Länder bei einem Sondertreffen in Brüssel einigten. Das sieht auch Bundesinnenminister Horst Seehofer so: Erst müsse Ordnung geschaffen werden, dann könne man über humanitäre Hilfen für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge auf den griechischen Inseln sprechen.

Deren Aufnahme forderte bereits Mitte Januar das Osnabrücker Bündnis Seebrücke. 70.000 Menschen unterzeichneten die Petition bundesweit und bekräftigten so ihre Unterstützung für das Vorhaben. Es folgte ein Antrag der Bundestagsfraktion der Grünen, 5.000 Personen – unbegleitete Kinder, Schwangere, allein reisende Frauen und schwer Traumatisierte – aus den griechischen Lagern in Deutschland aufzunehmen. Das sind gerade mal so viele Personen, wie seit 2015 in der Stadt Osnabrück als geflüchtete Neubürger*innen registriert wurden. Der Bundestag lehnte den Antrag ab, mit Stimmen der AfD, CDU/CSU, FDP und SPD. Diese Entscheidung ist mutlos und unmenschlich. Wundert es uns noch, wenn EU-Kommissionspräsidentin und ehemalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Kriegsvokabular gebraucht, wenn sie Griechenland dafür dankt, in diesen Zeiten der „europäische Schild“ zu sein?

Nein, aber es macht uns wütend.

Empörend ist auch, dass der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer, trotz der prekären Situation in Griechenland, in seinem Antwortschreiben auf die Osnabrücker Petition keinerlei Bezug auf den Inhalt der Petition und die offensichtlich menschenunwürdigen Lebensumstände der Menschen in den griechischen Lagern nimmt.

Wir wünschen uns und treten dafür ein, dass die Menschen in griechischen Lagern und an der griechisch-türkischen Grenze menschenwürdig behandelt und evakuiert werden. Wir nehmen Menschenrechte ernst und heißen Schutzsuchende willkommen. Asyl ist und bleibt ein Menschenrecht! Es braucht eine sofortige Intervention der Bundesregierung, um vor Ort zu helfen.

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