Gesichter des Vereins: Petra Koch

Petra Koch

Ein Jahr lang war Petra für alle Besucher*innen des Exil-Büros die Person, die alle immer freundlich begrüßte und sie nach ihrem Anliegen fragte. Leider endete am 21. Februar ihre Stelle als Bundesfreiwilligendienstleistende (Bufdi). Jetzt ist der ganze Verein über ihr Ausscheiden traurig, denn Petra hat diese Stelle auf ihre ganz eigene herzliche, hilfsbereite und liebenswürdige Art ausgefüllt. Klaus Stakemeier sprach mit ihr anlässlich ihrer Verabschiedung.

Klaus: Am 22. Februar 2016 hast du die Stelle angetreten und warst für Bürokoordination und Besucherempfang zuständig. Wie kamst du auf Exil?

Petra: Ein Jahr zuvor wurde ich auf eine Informationsveranstaltung der Gruppe „Exil-Gardening“ aufmerksam, die in der Lagerhalle stattfand. Hier lernte ich Doris Kube kennen und besuchte sie bald in dem von ihr mitgegründeten „Friedensgarten“ am Haster Weg. In dieser Anlage werden die Blumen- und Gemüsebeete von Einheimischen und Geflüchteten gepflegt und hin und wieder setzen sich alle zusammen, um beim Grillen und Speisen miteinander zu sprechen. Hier erkannte ich, dass es mir Freude bereiten würde, mit Geflüchteten in Kontakt zu treten, um etwas für sie tun zu können. Als ich dann um den Jahreswechsel 2015/16 die Anzeige für eine Bufdi-Stelle auf der Exil-Facebook-Seite entdeckte und auch von Bekannten darauf aufmerksam gemacht wurde, bewarb ich mich umgehend. Im Januar wurde ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen.

Klaus: Bis du kamst, hat Exil nie einen derartigen Arbeitsplatz gehabt. Wie kamst du denn so schnell zurecht?

Petra: Ja das stimmt, die Stelle musste ich mir selber gestalten und mich in die Materie einarbeiten. Aber das gelang so gut und schnell, weil mir von Beginn an von allen Mitarbeiterinnen nicht nur Hilfe, sondern auch ein großes Vertrauen sowie Zutrauen für selbstständige Entscheidungen entgegengebracht wurde. Wie selbstverständlich wurde mir beispielsweise der Schlüssel zu den Büros in die Hand gedrückt. Durch diese als familiär empfundene Atmosphäre fühlte ich mich beflügelt, mich voll und ganz in die neuen Aufgaben einzuarbeiten.

Klaus: All deine Kolleginnen schwärmen davon, wie freundlich du Besucher*innen und Ratsuchende gleichermaßen begrüßt und wie kompetent du Antworten auf alle Fragen finden und Vermittlungen herstellen konntest – ja sogar in der Lage warst, Klient*innen in einfachen Rechtsfragen Auskunft zu geben. Wie das?

Petra: Weil ich von Anfang an in unseren Büros bei hin und wieder offenen Türen mitbekam, was dort anlag, habe ich laufend dazugelernt und konnte so manches Mal meinem bisherigen Arbeitsbereich neue Aufgaben hinzufügen. Ich bekam zum Beispiel Einblick in das Flüchtlings- und Migrationsrecht, die Familiennachzugsverfahren oder die Vermittlung von Deutschkursen, was mir half, unsere Klient*innen an die zuständigen Mitarbeiterinnen zu vermitteln, für sie Termine zu vereinbaren oder sie ggf. mit Adressen anderer Hilfseinrichtungen zu versorgen. Bald schon konnte ich eigenständig denen weiterhelfen, die mit Fragen zu ihren Bewerbungen und Lebensläufen kamen, die nach Wohnraum suchten oder um Hilfe bei bevorstehenden Behörden- oder Arztbesuchen anfragten. Gelegentlich musste ich auch Dolmetscher*innen bitten, vorbeizukommen, um weiterhelfen zu können.

Klaus: Jetzt haben wir aber nur über deine direkten Begegnungen im Empfangsbereich gesprochen.

Petra: Ach ja, ich war natürlich auch erste Anlaufstelle für alle Anfragen, die uns per Email erreichten und musste diese weiterleiten oder selbst beantworten. Natürlich stand auch das Telefon selten still, wenn die Erstkontakt-Nummer bedient werden muss. Auch hier gibt man, falls möglich, sofort Antworten, ehe man an die Beraterinnen durchstellt, egal ob in Deutsch oder Englisch. Aber das alles habe ich immer gerne gemacht. Schließlich hat es mich gefreut, dass ich den Kolleginnen so manche Arbeit schon im Vorfeld abnehmen konnte.

Klaus: Petra, kannst du rückblickend sagen, was du in dem Jahr für dich als positiv verbuchen konntest?

Petra: Na klar gibt es Erlebnisse, die tiefe Eindrücke hinterlassen haben: Dass alle Hilfe- und Ratsuchenden von unseren Mitarbeiterinnen gleich ernst genommen werden und für alle stets eine Lösung gesucht wird, hat mich begeistert. Oder dass so viele ehrenamtliche Helfer*innen anrufen oder vorbeikommen, um ihren Klient*innen die bestmögliche Hilfe und Betreuung bieten zu können, das alles finde ich beeindruckend. Genau wahrgenommen habe ich, dass wir eine Beratungsstelle sind, die den Geflüchteten die Scheu nehmen kann um Hilfe zu bitten und ermutigen kann, diese auch anzunehmen – und das empfand ich als etwas Großartiges. Jetzt bemerke ich, dass, wenn mir Geflüchtete begegnen, die bei uns waren, und man ihnen die Erfolge unserer Hilfe ansehen kann und sie sich freudestrahlend bedanken, man selber eine große Freude verspürt.

Klaus: Hast du, liebe Petra, noch einen Wunsch für Exil?

Petra: Bei meiner Tätigkeit konnte ich ja auch einen Einblick hinter die Kulissen bekommen: Wie willkürlich und unwissend beispielsweise Sachbearbeiter*innen zuständiger Behörden oft entscheiden oder wie die Politik an der Flüchtlings- und Asylgesetzgebung herummanipuliert, um vermeintlich Volkes Gefallen zu erhaschen. Darum wünsche ich dem Verein die Kraft, allen sich jetzt negativ entwickelnden Erscheinungen widerstehen zu können. Übrigens werde ich dem Verein weiterhin gerne verbunden bleiben.

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