„Bleib doch Mensch!“ – Rede von Ahmad Kiki

Bleib doch Mensch!

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mein Name ist Ahmad Kiki. Ich komme aus Damaskus, der Hauptstadt von Syrien. Dort habe ich am »Higher Institute of Dramatic Arts« studiert und 2012 meinen Abschluss als Schauspieler gemacht. Danach habe ich im Theater, im Fernsehen und in Kinofilmen gearbeitet. Als die Revolution in Syrien begann, habe ich aktiv daran teilgenommen, weil ich glaube, dass mein Land endlich Freiheit und Demokratie braucht. Wir alle – ganz unterschiedliche Syrer – haben gemeinsam gegen das Diktatur-Regime demonstriert. Da ich als Schauspieler schon bekannt war, wurde ich bald vom Regime beobachtet.

Im Juni 2013 wollte ich in Beirut Freunde besuchen. Dabei wurde ich an der syrischen Grenze von Mitarbeitern des Al-Assad-Regimes festgenommen und verhaftet. Sofort wurde ich in ein unterirdisches Gefängnis des Geheimdienstes gebracht. Dort haben sie mich unter tagelangem Folter gezwungen zu sagen, dass ich ein Terrorist und kein Demonstrant bin. Ich habe ihnen versichert, dass ich ein Künstler und kein Terrorist bin, aber das wollten sie nicht hören. So wurde ich ein Jahr lang unter der Erde gefangen gehalten, ohne je das Tageslicht zu sehen. Noch immer fällt es mir schwer, diese Zeit zu beschreiben – sie war sehr hart und schrecklich. Bald fühlte ich mich wie ein Geist, ganz dünn und sehr krank. Trotzdem habe ich daran geglaubt, dass ich frei komme.

Tatsächlich kam ich nach einem Jahr frei. Danach musste ich aber ein halbes Jahr noch in einem Zivil-Gefängnis verbringen. Als ein Richter keinen Beweis hatte, dass ich Terrorist bin, kam ich endlich frei. Die Zeit der Todesangst war zu Ende und ich bekam ein neues Leben, wofür ich Gott noch heute danke. Als ich wieder zu Hause war, hatte ich große Angst, dass sie mich in ein anderes unterirdisches Gefängnis bringen. Nie wieder wollte ich so schlimm leiden.

Deshalb bin ich in die Türkei zu geflohen. Dort kam ich nach schwierigen 15 Stunden an. In der Türkei blieb ich acht Monate. Hier hatte ich Glück, im Fernsehen mitspielen zu können. So hatte ich etwas Geld für die weitere Flucht. Mein Ziel war immer Deutschland. Schon als Junge hatte ich den Traum, mal nach Deutschland zu gehen.

Als sich im Sommer 2015 die Grenzen in Europa öffneten, floh ich mit einem Boot über das Ägäische Meer zur Insel Lesbos in Griechenland. Danach bin ich – wie alle Flüchtlinge – zu Fuß nach Deutschland gekommen. Jetzt lebe ich seit gut einem Jahr in Deutschland und lerne fleißig Deutsch.

Obwohl ich in Syrien alles verloren habe, bin ich jetzt zufrieden und optimistisch für die Zukunft – auch weil hier die Menschen freundlich sind. Es ist gut, als freier Mensch in einer Demokratie leben zu können. Mein großer Wunsch ist, dass auch weiterhin viele Deutsche den geflüchteten und verfolgten Menschen helfen und dass die Gesetze in Deutschland und Europa menschenfreundlich bleiben.

 

Diese Rede wurde im Rahmen der Demonstration „Bleib doch Mensch!“ am 6. Dezember 2016 in Osnabrück gehalten.