Drei Monate lang war Laura Baumann ehrenamtlich bei Exil tätig. Nach eigener Aussage „begeistert von den Erfahrungen, die ich hier machen konnte“, berichtet sie im Interview von ihrer Zeit in der Geschäftsstelle. Mit ihr sprach Chris Cheeseman.
Chris: Wie bist du zu Exil gekommen?
Laura: Als ich anfing, mich ehrenamtlich bei Exil zu engagieren, wollte ich einfach mit meiner freien Zeit etwas Gutes machen. Ich bringe mich gerne mit meinem Wissen ein, lerne auch gerne Neues, und treffe gerne Menschen, die mich bereichern. Da war Exil die perfekte Verknüpfung. Ich hatte schließlich ein Gespräch mit der Geschäftsführerin Sara Höweler, die mir vorschlug, wo ich mich einbringen kann.
Chris: Was hast du bei Exil gemacht?
Laura: In den drei Monaten habe ich hauptsächlich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gemacht sowie im Bereich Fundraising gearbeitet. Ich betreute die Filmprojekte „Newcomers“ und „Wolle und Gack“.
Chris: Ist die Beschäftigung mit dem Medium Film in der sozialen bzw. Flüchtlingsarbeit für dich etwas Besonderes?
Laura: Ja, auf alle Fälle. Das hat mir auch doppelt Spaß gemacht, weil es zum einen um die Praxis des Fundraising ging, also um Projektförderung, zum anderen weil das Medium an sich voll interessant ist, und gerade der Film „Wolle und Gack“, der sich an Grundschulkinder von 4 – 10 Jahren richtet. Ich hab selbst eine kleine Tochter, ich finde das im Film super umgesetzt, wie ein Schaf und ein Huhn Toleranz und Akzeptanz und Konflikte thematisieren.
Chris: Beschreibe doch mal, wie dein Tagesablauf aussah.
Laura: Zuerst ging es immer darum, den Mailverkehr zu checken. Am Anfang fühlte ich mich da erst erschlagen, weil die „Newcomers“-Aufführungen in verschiedenen Städten, das Feedback und die Projektförderung sehr viele Mails mit sich bringen. Das konnte ich nach einiger Zeit aber besser nach Wichtigkeit einordnen. Natürlich gab es auch immer ganz Aktuelles – eine To-Do-Liste hat da schon gut geholfen. Sie war immer gut gefüllt z.B. mit Aufgaben wie dem Schreiben von Anträgen, Veröffentlichungen auf der Homepage oder der Kontaktpflege.
Chris: War es anfänglich nicht einfach, eine Arbeitsstruktur zu entwickeln?
Laura: Es braucht schon Zeit, sich einzufinden. Die Zeit wird dir aber bei Exil gegeben, und es ist auch in Ordnung, Fehler zu machen. Es wird eben davon ausgegangen, dass du aus Fehlern lernst.
Chris: Dir wurde gleich viel Vertrauen entgegen gebracht. Ist das etwas, was Exil als Arbeitgeberin auszeichnet?
Laura: Auf jeden Fall. Es gibt hier eine Art Grundvertrauen, dass sich die Person in ihrem Bereich engagiert, auch mit eigenen Ansätzen. Ich musste das auch erst ein bisschen lernen, weil ich es von bisherigen Tätigkeiten ganz anders kannte: da musste ich mich andauernd rückversichern.
Chris: Was hast du überhaupt für einen Eindruck vom Team von Exil?
Laura: Toll. Lauter starke Individuen – das macht es nicht nur einfach, manchmal rätselte ich, wie dieser bestimmte Mensch gerade funktioniert. Das passt aber gut mit einer ganz offenen Kommunikationskultur. Gibt es mal Probleme oder Konflikte, wird darüber gesprochen, gelacht und alles ist wieder gut – nichts wird einem übel genommen. Bei Exil ist das eine Auge-zu-Auge-Kommunikation.
Chris: Gleichwertigkeit ist ein Prinzip, was Exil gerade auch in Bezug auf Geflüchtete und Migrant*innen lebt. Ist das für dich nachvollziehbar, dass Exil weniger ein Verein ist, der für Geflüchtete arbeitet, als einer, der mit ihnen zusammen arbeitet?
Laura: Ich hatte das schon vorher gehört, dass Exil ein Verein ist, wo mit Menschen mit Fluchterfahrungen gesprochen wird, nicht nur über sie. Das hat sich voll bestätigt, und mit so vielen verschiedenen Menschen auf Augenhöhe zusammen zu kommen, ist eine tolle Bereicherung.
Chris: Wir möchten auch von denen, die uns wieder verlassen, etwas lernen. Gibt es etwas, was du uns mit auf den Weg geben möchtest? Und hattest du eigentlich ein Lieblingsprojekt?
Laura: Also, die Tätigkeit für Wolle und Gack mochte ich schon am liebsten. Aber die positiven Rückmeldungen und Reaktionen auch auf „Newcomers“ haben mich immer wieder sehr gefreut. Und ob Exil was besser machen könnte? Es wäre nicht schlecht, wenn neue Praktikant*innen mehr Struktur vorfänden. Ich habe z.B. einen Leitfaden erarbeitet, wie die Arbeit mit dem Filmprojekt „Newcomers“ funktioniert.
Chris: Exil ist ein Schnittpunkt einer weitläufigen Vernetzung, mit Akteuren aus den verschiedensten Bereichen. Hast du weiterhin vor, dich in diesem Bereich, in diesem Netz zu engagieren, wenn es möglich ist? Und denkst du, du hast bei Exil was für die Zukunft mitgenommen?
Laura: Es war auf jeden Fall eine Bereicherung, bei Exil zu arbeiten. Die positive Bestätigung beim Engagieren für und mit Geflüchteten, die Art des Umgangs im Team und mit der Arbeit hat auch mich bestätigt, mich bestärkt. Ich hab selbst profitiert. Jetzt bin ich Vereinsmitglied geworden, werde mich engagieren, soviel es geht. Es war nicht geplant, aber Exil hat mein Herz.
Chris: In der Gesellschaft, auch in unserem direkten Umfeld, gibt es oft Ressentiments gegen Geflüchtete. Manche sagen auch: Da braucht nicht mehr geholfen werden, es kommen doch keine mehr.
Laura: Wenn mir jemand sowas sagt, schaue ich mir die Person erst an. Steckt da Unwissenheit dahinter, Wut oder Angst? Meistens ist es Unwissenheit. Wir verstecken die wenigen schlechten Erfahrungen ja nicht, aber in jeder Nationalität, in jedem Land gibt es Gute und Schlechte, bei Deutschen wie bei Anderen. Unterstützung ist jedenfalls klar weiter nötig.
Chris: Danke für das Gespräch, Laura, und weiterhin viel Glück und Erfolg auf deinem Weg.