Seit dem 1. April hat Exil eine Geschäftsführerin: Sara Höweler leitet nach einstimmigem Beschluss des Vorstands ab sofort die Vereinsgeschäftsstelle und soll den Verein weiter professionalisieren – ein guter Grund, Sara in dieser Rubrik vorzustellen. Das Gespräch führte Klaus Stakemeier.
Klaus: Sara, du hast im Juni 2016 die hauptamtliche Stelle für Fundraising, Presse-, Öffentlichkeits- und Kulturarbeit übernommen. Seitdem wirst du als kompetente Gesprächspartnerin in der Öffentlichkeit und innerhalb des Vereins wahrgenommen und hoch geschätzt. Du hast dir in relativ kurzer Zeit das Vertrauen aller Vorstandsmitglieder erworben und ich weiß, dass sich auch deine Kolleginnen in unserer Geschäftsstelle über deine Berufung riesig freuen. – Freust du dich auch selbst auf diese Aufgabe oder überwiegt noch der Respekt davor?
Sara: Na klar freue ich mich! Ich bin dankbar für das entgegengebrachte Vertrauen und schaue mit viel Zuversicht in die Zukunft. Ich arbeite mit großartigen Menschen in einem tollen Team zusammen, in dem man jeden Tag kreativ sein kann und in dem es noch so viel zu bewegen gibt. Gleichzeitig bekommen wir fast täglich sehr positive und dankbare Rückmeldungen zu unserer Arbeit. Das sind doch tolle Voraussetzungen.
Klaus: Du hast vorher u.a. im Europäischen Parlament und für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt gearbeitet. Im Frühjahr 2016 hattest du ein Angebot aus der Erneuerbare Energien-Branche, hast dich aber gegen eine Karriere in der Wirtschaft entschieden, um hauptamtlich für unseren Verein und somit für die nach Osnabrück gekommenen Geflüchteten zu arbeiten. Was bewog dich dazu und warum war es gerade Exil?
Sara: Ich glaube, ein wichtiger Punkt für mich war, dass die Mitarbeitenden bei Exil – ob ehrenamtlich oder hauptamtlich – sich hier für einen guten Zweck einsetzen und sinnstiftende Arbeit leisten. Die Menschen, für die wir arbeiten, stehen immer im Mittelpunkt und der Umgang unter Klient*innen, Ehrenamtlichen, Vorstand und Mitarbeitenden ist in der Regel sehr menschlich und herzlich. Exil ist wie eine große Familie. Alle helfen sich gegenseitig und es gibt und gab im Verein auch immer viele Geflüchtete und Migrant*innen, die sich ehrenamtlich engagieren. Gleichzeitig hat sich Exil über fast 30 Jahre eine unglaubliche Fachkompetenz in der Beratung und große interkulturelle Kompetenzen aufgebaut, die man in Osnabrück so schnell nicht ein zweites Mal findet. Die Entscheidung fiel auch deshalb nicht schwer, weil ich den Verein schon gut kannte. Ich hatte im März 2015 angefangen, mich bei der Arbeitsgruppe für Öffentlichkeits- und Kulturarbeit zu engagieren und war von Februar bis Mai 2016 Beisitzerin im Vorstand.
Klaus: Seitdem du für Fundraising und die Öffentlichkeits- und Kulturarbeit zuständig bist, hast du Verbindungen zu zahlreichen Institutionen aufgebaut, du wirst als Sachverständige von Parteien eingeladen, hältst Vorträge in Schulen und Bildungseinrichtungen und leitest intern die Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit, zu denen mehrere Projektgruppen gehören. Darüber hinaus hast du dir als Projektleiterin des Dokumentarfilmprojekts »Newcomers«, für das aktuell in ganz Deutschland gedreht wird, einen Namen gemacht. Jetzt auch noch Geschäftsführerin – ich weiß, dass alle, die dich kennen, dir zutrauen, das alles unter einen Hut zu bringen. Du dir selbst auch?
Sara: (lacht) Ich hoffe es! Ich werde natürlich bei der Öffentlichkeits- und Kulturarbeit ein, zwei Gänge zurückschalten müssen, da mit der Geschäftsführung auch neue Aufgaben auf mich zukommen. Aber viel Arbeit hat mich schon immer eher angespornt als abgeschreckt.
Klaus: Du weißt längst, wie Osnabrück tickt. Glaubst du, dass unser Verein das nötige Ansehen genießt und dass Politik und Verwaltung unserem Anliegen, den geflüchteten Menschen Rat, Beistand und Zuflucht geben zu können, die nötige Aufmerksamkeit widmen?
Sara: Ich glaube, dass Exil seinen guten Ruf in den letzten zwei Jahren festigen konnte. Mit seinen Aufgaben ist der Verein auch in Sachen Professionalität gewachsen und die Menschen in Osnabrück vertrauen uns. Was immer bleiben wird, ist die Frage: Wie viel politische Einmischung ist möglich, wenn die öffentliche Hand gleichzeitig fördert – ich glaube, diesen Konflikt hat fast jede Hilfsorganisation. Ich sage bei Vorträgen immer, dass wir froh und glücklich wären, wenn es uns nicht geben müsste, weil es keine Flüchtlinge und damit keinen Grund für unsere Existenz gäbe. Nun gut – vielleicht gäbe es uns dann in anderer Form, vielleicht wären wir dann ein Zentrum für Migrantinnen und Migranten. Aber die Fluchtursachen auf der Welt beseitigen, das können wir nicht – auch wenn wir uns das sehr wünschen würden. Was wir aber können – und tatsächlich halte ich das aus unserem Selbstverständnis heraus sogar für unsere Pflicht – ist, auf Missstände hinzuweisen und uns für die Einhaltung der Menschenrechte und der Genfer Flüchtlingskonvention stark zu machen. Die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft zu schützen, kann doch nur im Sinne der Politik und Verwaltung eines modernen demokratischen Staates liegen.
Klaus: Sara, man konnte dich bereits zwei Mal Samstagmittags in der Fußgängerzone treffen, wo du an unserem Projekt »Mitgliederwerbung 2017«, das anlässlich unseres 30-jährigen Jubiläums auch in den nächsten Monaten fortgeführt werden soll, teilnimmst. Warum meinst du, dass ein Mitgliederzuwachs jetzt für Exil wichtig ist?
Sara: Ein Verein wie Exil lebt vom Engagement seiner Mitglieder. Viele, die im Verein Mitglied sind, engagieren sich ehrenamtlich oder haben sich in der Vergangenheit ehrenamtlich engagiert. Das ist der erste wichtige Punkt. Der zweite wichtige Punkt ist, dass Mitgliedsbeiträge für uns eine wichtige finanzielle Basis sind, auf die wir uns verlassen können – das ist besonders in Zeiten wie diesen wichtig, in denen die Menschen nicht mehr so viel spenden. Wenn wir auf die Aktion angesprochen werden, sagen wir, dass wir die Welt ein bisschen bunter machen wollen. Wenn man Mitglied in einem Verein wie Exil wird, setzt man damit auch ein Zeichen.
Klaus: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg in deiner neuen Position!