Bei Exil engagieren sich viele junge Frauen, die den Verein ehrenamtlich oder durch ihre Mitgliedschaft unterstützen. Dazu gehört auch die Schweizerin Sandra Bitterli, die im April 2016 bei uns Mitglied wurde. Klaus Stakemeier hat mit ihr gesprochen.
Klaus: Sandra, zuerst fielen mir deine Beiträge zu Flüchtlingsthemen in Facebook auf. Dann entdeckte ich deinen Namen in unserer Mitgliederliste. Was brachte dich überhaupt nach Osnabrück?
Sandra: Bereits in meiner Heimat Thun im Berner Oberland hatte ich den Wunsch, einmal das Fach „Musical“ zu studieren. In der Schweiz gab es dazu keine Möglichkeit. Dagegen boten sich einige Orte in Österreich und Deutschland an. So lockte mich Osnabrück mit seiner damaligen „German Musical Academy“, an der ich ein Jahr studierte bevor ich zum Institut für Musik an der Hochschule Osnabrück wechselte. Schon im September 2015 war ich Mitwirkende bei dem „Spieltriebe“-Stück „Das Unmögliche geschieht“ und ab März werde ich im Theater am Domhof in der Rolle des Pugsley in „The Addams Family“ zu sehen sein.
Klaus: Du engagierst dich für Geflüchtete. Wie kamst du zu Exil?
Sandra: Vor ungefähr einem Jahr regte mich das Gerede über Grenzschließungen in allen Nachrichten derart auf, dass ich beschloss, etwas für Geflüchtete tun zu wollen. Beim Googeln nach Möglichkeiten dazu stieß ich auf Exil. Als ich den Verein in den Büroräumen in der Lagerhalle aufsuchte und mich über dessen Aktivitäten informierte, war mir sofort klar, dass ich dem Verein beitreten muss, um ihn auch durch regelmäßige Mitgliedsbeiträge unterstützen zu können.
Klaus: Und was tust du seitdem?
Sandra: Jetzt habe ich viele syrische Freunde durch meine Besuche im „Café International“ und beim Benefizkonzert für Exil gewonnen, mit denen ich Zeit verbringe. Einem Jungen aus einer syrischen Familie helfe ich beim Deutschlernen; eigentlich wollte ich gerne eine Klasse unterrichten, aber mein Studium ist so zeitaufwändig, dass ich es wieder aufgeben musste. Zwischenzeitlich hatte ich auch Kontakt zur Schweizer Organisation „Borderfree Association“ hergestellt. Als diese im letzten Sommer per Facebook-Aufruf Volontäre für die Hilfe in Idomeni suchte, meldete ich mich. Da dies Lager aber bald geschlossen wurde, konnte ich von Ende August bis Anfang September für zwei Wochen meine Dienste im „Camp Petra“ in der Nähe von Thessaloniki anbieten. Es gab hier viel zu tun: Englisch unterrichten, Kleiderspenden verteilen, Sport mit Kindern und Erwachsenen treiben, und für junge Männer habe ich Krafttraining und Joggen angeboten. Zwei bettlägerigen Frauen konnte ich in einem Zelt Unterricht geben. Diese Arbeit hat mich sehr positiv gestimmt, weil alle ein großes Herz hatten und Dankbarkeit zeigten. Mit einigen stehe ich weiter in freundschaftlichem Kontakt.
Klaus: Sandra, hast du durch die Arbeit im Flüchtlingslager etwas gelernt, dass du weitergeben möchtest?
Sandra: Ja, aber nicht nur in Griechenland, sondern auch durch die Kontakte mit Geflüchteten hier ist in mir die Einstellung gereift, dass jeder Mensch einmalig ist und dass man keinen Menschen, den man nicht kennt, beurteilen kann. Ich wünsche mir, dass mehr Menschen aufeinander zugehen. Aber gegen Vorurteile jeglicher Art muss man entschieden angehen.