Seit November 2017 unterrichtet Jara Hofmann den Kurs „Qualifizierung geflüchteter Frauen für den Arbeitsmarkt (QUFA)“. Über dieses Projekt und ihr Engagement für Exil sprach Klaus Stakemeier mit ihr.
Klaus: Vor über zwei Jahren kamst du als Deutsch-Sprachlernhelferin zu Exil, übernahmst am 1. September 2016 die Koordination der Exil-Deutsch-Sprachkurse und bist seit Kurzem Kursleiterin im QUFA-Projekt. Was reizte dich an dieser neuen Aufgabe?
Jara: Das Unterrichten! Seit Sommer 2015 unterrichte ich jetzt Deutsch als Fremdsprache, und die aktive Arbeit in den Kursen mit den Menschen zusammen liebe ich einfach sehr. Das neueste Projekt von Exil, QUFA, bietet mir die Möglichkeit, viel häufiger als bisher praktisch zu arbeiten, wieder neue interessante Menschen und ihre Geschichten kennenzulernen. Zusätzlich halte ich es für sehr sinnvoll, einen Kurs zur Integration in den deutschen Arbeitsmarkt speziell für Frauen anzubieten. Aus meiner Erfahrung in den bisherigen Sprachkursen weiß ich, dass es teilweise recht schwierig für Frauen ist, an den regulären Kursen teilzunehmen – teils wegen der zu betreuenden Kinder, teils aus kulturellen/religiösen Gründen. In unserem Kurs können die Frauen unter sich sein und wenn erforderlich, kümmern wir uns um die nötige Kinderbetreuung.
Klaus: Das aus ESF-Mitteln geförderte Projekt richtet sich an die Zielgruppe „Geflüchtete Frauen mit SGB-II-Bezug in Stadt und Landkreis Osnabrück“. Wie konnte Exil die den Anforderungen entsprechenden Teilnehmerinnen akquirieren?
Jara: Vor Beginn des Kurses haben wir sehr viel Eigenwerbung für unser Projekt betrieben. Wir haben Flyer in unseren Gruppen verteilt, vor allem in der Internationalen Frauengruppe, im Rahmen unseres „Café International“ etc. Zusätzlich führten wir ein Gespräch mit der NOZ, die daraufhin berichtete. Durch den vorgegebenen SGB-II-Bezug der Teilnehmerinnen stehen wir natürlich in engem Kontakt und Austausch mit dem Jobcenter und der MaßArbeit. An unserem Info-Nachmittag Anfang November haben dann auch wirklich viele Frauen teilgenommen. Im Anschluss an diesen Nachmittag luden wir dann die interessierten Frauen einzeln zu uns in die Geschäftsstelle ein. Meine Kollegin Petra Koch, die für das Jobcoaching zuständig ist und als Bindeglied zwischen den Teilnehmerinnen und Jobcenter und MaßArbeit fungiert, hat dann mit allen Frauen die Teilnahmevoraussetzungen besprochen. Schlussendlich haben wir unser Projekt am 20. November 2017 mit 15 fantastischen und sehr motivierten Frauen gestartet, und bis jetzt sind auch alle Frauen sehr engagiert dabei.
Klaus: Wie und für wie lange ist das Projekt angelegt und welche Phasen haben die Teilnehmerinnen zu absolvieren?
Jara: Das Projekt läuft über einen Zeitraum von 14 Monaten und ab August dieses Jahres wird es auch einen zweiten Durchlauf geben. Die Teilnehmerinnen absolvieren insgesamt vier theoretische Module; zwei Module mit Fokus Sprachunterricht zum Thema „Der Arbeitsmarkt in Deutschland“ und „Wege ins Berufsleben“ für je acht Wochen. Darauf folgt für weitere acht Wochen das Modul „EDV-Grundlagen“, dass an drei Tagen pro Woche stattfindet. An den verbleibenden zwei Tagen findet weiterhin Sprachunterricht zum Thema statt. Danach findet wiederum für acht Wochen das Modul „Bewerbungstraining“ statt – ein Mix aus Sprachunterricht und praktischen Übungen zum Thema Vorstellungsgespräche etc. Abschließend nehmen die Frauen dann an der Praxisphase teil, in der die Teilnehmerinnen ein 6-monatiges Praktikum in einem Betrieb in Osnabrück und Umgebung absolvieren werden. In Gesprächen finden wir gemeinsam mit den Teilnehmerinnen heraus, für welchen Beruf sie sich interessieren oder welchen Beruf sie hier in Deutschland gerne wieder aufnehmen würden. Meine Kollegin Petra Koch führt das Jobcoaching durch und sucht geeignete Praktikumsplätze für die Teilnehmerinnen.
Klaus: Kannst du nach einigen Wochen schon sagen, wie das Angebot von den Teilnehmerinnen ange-nommen wird und kommt dir die Erfahrung als Koordinatorin der Exil-Deutschkurse bei deiner Arbeit zugute?
Jara: Unser Angebot wird von den Teilnehmerinnen mit großem Interesse und Engagement angenommen. Ich habe die niedrigste Abbruchquote, die ich je in einem Kurs hatte; das heißt, es sind eigentlich noch alle Frauen dabei! Ich habe das Gefühl, dass ich zu den Teilnehmerinnen ein sehr gutes Verhältnis aufbauen konnte. Dies ist auch für mich der erste reine Frauenkurs den ich unterrichte und diese Erfahrung ist für mich etwas Besonderes.
Klaus: Gibt es gute Kontakte zum Job-Center und zu den für Praktika infrage kommenden Betrieben?
Jara: Wie oben schon erwähnt ist Petra Koch zuständig für den Kontakt zum Jobcenter und auch zu den infrage kommenden Betrieben. Bis jetzt läuft die Zusammenarbeit mit dem Jobcenter für uns zufrieden-stellend und Kollegin Koch ist sehr gut in der Osnabrücker Arbeitswelt vernetzt. Wir sind also sehr zuver-sichtlich, dass wir die Frauen in gute Praktika vermitteln können.
Klaus: Werden die Frauen von ihren Familien und zuständigen Ämtern bei der Teilnahme unterstützt und ist eine Kinderbetreuung für diese Zeit organisiert?
Jara: Ich habe schon den Eindruck, dass die Familien die Frauen unterstützen. Mir sind einzelne Situationen bekannt, in denen sich die Männer zu Hause um die Kinder kümmern, während die Frauen an unserem Kurs teilnehmen. Auch das Jobcenter hält unsere Maßnahme für sehr sinnvoll und unterstützt in der Regel die Teilnehmerinnen bei der Entscheidung, an dem Projekt teilzunehmen. Und natürlich kümmern wir uns um die Vermittlung von Kinderbetreuung, wenn dies gewünscht wird.
Klaus: Schon vor mehr als zwei Jahren wurdest du Mitglied bei Exil und gehörst seit über einem Jahr zum Mitarbeitenden-Team. Wie kamst du zu Exil und wie nimmst du die Entwicklung bei Exil wahr?
Jara: Ich habe im Sommer 2015 angefangen, mich ehrenamtlich für Exil zu engagieren und bin direkt als Sprachlernhelferin in die Deutschkurse eingestiegen. Auslöser dafür waren tatsächlich die vielen geflüchteten Menschen, die 2015 nach Deutschland und somit auch nach Osnabrück kamen. Gleichzeitig aber auch eine aufkeimende rechte Stimmung in Deutschland, der ich mich durch das Engagement direkt entgegenstellen wollte. Ich bin nach wie vor ganz glücklich, für und mit Exil arbeiten zu können! Der Verein ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen, und es ist einfach toll zu sehen, mit welchem Enthusiasmus alle hier zusammenarbeiten und wie viele neue Ideen und Projekte daraus entstehen.
Klaus: Die eigentliche Integrationsarbeit mit Sprachkursangeboten, Asylrechtsberatung und Familiennachzugsberatung verlangt immer mehr von uns. Ist Exil deiner Meinung nach gut für diese Anforderungen aufgestellt und erfährt unser Verein die nötige Unterstützung vonseiten der Behörden und politischen Gremien in Stadt und Landkreis Osnabrück?
Jara: Ich glaube, Exil ist sehr gut aufgestellt, um in allen oben genannten Bereichen zu agieren. Ich habe hochqualifizierte und engagierte Kolleg*innen. Mein Eindruck ist, dass wir in den meisten Fällen auf die Unterstützung der Behörden und politischen Vertreter zählen können. Nur von Zeit zu Zeit stoßen wir da an Grenzen.
Klaus: Jara, vielen Dank für das Gespräch!