Deutsch lernen mit Pixi-Büchern

Frauenkurs

von Klaus Stakemeier

Kurz vor Unterrichtsende öffnet mir Anna Rust die Tür zum Gebäude der Bergkirche und führt mich über verwinkelte Treppen in den zweiten Stock, wo ein besonderer Sprachkurs von Exil stattfindet: Er richtet sich ausschließlich an Mütter, die hierhin ihre Babys und Kinder mitbringen können. Einen Stock tiefer gibt es ein Zimmer, in dem gerade zwei Studentinnen mit den Kleinkindern Spiele machen. Alle haben Spaß und die Betreuerinnen unterhalten sich auf Deutsch mit den Kindern. „Die Kinder lernen parallel Deutsch zu ihren Müttern, zu Hause ergänzen sich dann alle gelernten Wörter zu einem größeren Wortschatz“, lerne ich von Kursleiterin Anna Rust, die schon ein paar Jahre Erfahrung in der Sprachlernhilfe von Exil hat. Vor zwei Jahren leitete sie bereits den einzigen Alphabetisierungskurs, den Exil damals noch in der „Villa“ an der Sedanstraße anbot. Jetzt ist Anna nicht alleine. „Wir sind zwölf, die meisten von uns Studentinnen, und wir wechseln uns gegenseitig ab, sowohl bei der Kinderbetreuung als auch beim Unterrichten.“

„Was mache ich mit dem Fuß?“, fragt Anna. Die Frauen, von denen zwei ihre Säuglinge mit im Unterrichts-raum haben, überlegen und antworten in ganzen Sätzen: „Mit dem Fuß gehe ich.“ oder „Mit dem Fuß trete ich.“. „Sehr gut“, sagt Anna und geht zum nächsten Körperteil: „Was mache ich mit der Hand?“. Später erklärt Anna mir: „Im Schnitt kommen bis zu zwölf Frauen zum Unterricht. Alle Frauen hier haben Kinder. Wir lernen natürlich mit Büchern, aber ebenso oft improvisieren wir und gehen auf die sprachlichen Wünsche der Frauen ein. Zum Beispiel heute, wo wir Kleidung und Körperteile durchnehmen, kommen eben auch viele frauenspezifische Wörter zur Sprache, die in keinem ,Deutsch-als-Fremdsprache-Buch‘ vorkommen.“ Danach erfahre ich, dass sie neuerdings auch mit Pixi-Büchern arbeiten. Die Frauen sprechen dann die einfachen Sätze auswendig nach und lernen durch Pixi auch Wörter kennen, die sonst niemals im Unterricht vorkämen.

Zum Ende der zwei Unterrichtsstunden bedanken sich alle Frauen bei Anna und einige sagen „Danke, Dankeschön mit viel, viel Liebe für dich“. Nachdem Mütter und Kinder gegangen sind, kommen die zwei Studentinnen von der Kinderbetreuung jetzt auch in den Unterrichtsraum und wir unterhalten uns noch ein paar Minuten. Alle schwärmen: „Wir freuen uns über die Eigendynamik, den unser Unterricht bekommen hat. Wir sind zu einer tollen Gruppe zusammengewachsen und organisieren uns über Doodle. Tee und Kekse gehören längst zum Unterricht und die Frauen haben uns auch schon extra eingeladen und selbst gemachtes Essen mitgebracht. Außerdem gibt es auch schon ein Kurs-Baby.“ Der Stolz, den die drei rüberbringen, kann ich gut nachvollziehen, denn der Kursus läuft bereits seit Mai 2017 und neue Frauen melden sich schon, ehe andere den Kurs verlassen. Der Erfolg dieser Art von Deutschkurs-Angebot scheint gesichert zu sein. Anna kann jetzt – bei dem großen Engagement ihrer vielen ebenfalls ehrenamtlichen Mithelferinnen – in Ruhe drei Monate Auszeit nehmen und sich ihrer Arbeit am Goethe-Institut in Israel widmen. Sie wird dann bestimmt mit neuen Ideen zurückkommen.

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