Guten Abend, meine Damen und Herren,
mein Name ist Adnan Matini. Ich bin vor dem Krieg aus Syrien geflüchtet. Ich gehöre zum kurdischen Volk und habe mich in der friedlichen syrischen Revolution engagiert.
Da wir heute für Menschenrechte und gegen Diskriminierung und Populismus demonstrieren, möchte ich Ihnen kurz über die Erfahrung der Kurden mit Populismus in Syrien berichten. In Syrien hat vor mehr als 40 Jahre eine nationalistische Partei durch einen Militärputsch die Macht erobert. Seitdem erleben die Kurden verschiedene Arten von Diskriminierung.
Mehrere zehntausend Menschen wurde die Staatsangehörigkeit aberkannt. Nun haben sie kein Recht mehr auf Arbeit, Heirat, Reisen, Eigentum oder medizinische Behandlung in staatlischen Krankenhäusern. Eine kurdische Frau hat mir ein Mal erzählt, dass sie ihr Kind auf der Straße vor den Türen eines Krankenhauses geboren hat, weil sie keine Staatsangehörigkeit hatte und das Krankenhaus sie weggeschickt hat.
Wenn man ein Kurde und in Syrien geboren ist, muss man seine Träume und Perspektiven stark einschränken und darf niemals daran denken, eine hohe Position im Staat einzunehmen. Besonders, wenn man einen kurdischen Namen hat.
Die Ausrede war immer, die Sicherheit und die Einheit des Landes zu schützen. Aber tatsächlich waren die Diskriminierung, die Spaltung der Gesellschaft, der Hass und die Feindseligkeit die Samen des brutalen Kriegs, der heute alles zerstört und keine Ende hat. Hier möchte ich kurz darauf hinweisen, dass ich die Araber nicht für schuldig halte, da sie wie wir auch, unter dem gleichen diktatorischen Regime leiden.
Als ich begonnen habe, diese kurze Rede vorzubereiten, habe ich mich an meine letzte Tagen in Syrien erinnert.
Syrien war wie Deutschland, eines der sichersten Länder der Welt. Nach fast acht Monaten friedlicher Revolution hat die Hetze und Gegenhetze zwischen Teilen der syrischen Gesellschaft, die für und gegen das Regime waren, begonnen.
Wir haben in Syrien das Wichtigste verloren, und das war unser Vertrauen ineinander. Und deswegen können wir jetzt keinen Schritt mehr zurückgehen und das ist genau, was ich in meinem zweiten Land nicht sehen will. Ich möchte in Name aller Flüchtlinge sagen: Wir sind vor dem Tod geflohen, wir wollen keine zerrissenen Leichen mehr sehen, keine Raketen, keine Bomben.
Glauben Sie nicht denjenigen, die sagen, dass wir Wirtschaftsflüchtlinge sind. Ich schwöre, dass sich Millionen heute in Syrien wünschen, nur in Ruhe zu schlafen, ohne das Geräusch von Explosionen und Bomben zu hören. Viele von uns haben auf ihre Wohnungen, Geschäfte, ihre Freunde, ihr ganzes Leben verzichtet und wollen einfach nur eine bessere Zukunft für ihre Kinder. Ich habe eine große Bitte an Sie alle, Deutsche und Flüchtlinge: Lassen Sie uns gemeinsam alles tun, was wir können, damit dieses schöne Land stark, sicher und stabil bleibt.
Vielen Dank.
Diese Rede wurde im Rahmen der Demonstration „Bleib doch Mensch!“ am 6. Dezember 2016 in Osnabrück gehalten.