„Im Krieg und auf der Flucht gibt es keine Kindheit mehr“

Tanja Abubakar-Funkenberg

von Sara Höweler

„28 Millionen Kinder und Jugendliche sind weltweit auf der Flucht, 11 Millionen von ihnen außerhalb des eigenen Landes.“ Tanja Abubakar-Funkenberg von terre des hommes wirft diese Sätze nicht leichtfertig in den Raum. Man merkt ihr an, dass der Schrecken der großen Zahlen trotz jahrelanger Erfahrung nicht spurlos an ihr vorbeigeht. Erfahrungen, die sie vor und während der Flucht machen, würden Kinder häufig noch viel stärker traumatisieren als Erwachsene. „Im Krieg und auf der Flucht gibt es keine Kindheit mehr“, konstatiert sie. Rund 25 Interessierte hatten sich am Mittwochabend auf den Weg in das Schloss die Universität Osnabrück gemacht und lauschten ihrem Vortrag zum Thema „Kinderrechte gelten auch für Flüchtlingskinder!“. Eingeladen hatten die Exil-Projekte „FreiZeit für Flüchtlingskinder“ und „UMFdenken – jetzt!“.

Dass rund ein Viertel der geflüchteten Kinder ohne Eltern oder andere Verwandte ankomme, sei auch dem Umstand geschuldet, dass viele Familien auf der Flucht getrennt würden. Das passiere etwa wenn im Boot kein Platz mehr sei, Busse nur für Frauen und Kinder bestimmt seien oder an der Grenze chaotische Zustände herrschten. Dass sie überhaupt ankommen, sie nicht selbstverständlich, denn: „Jeden Tag ertrinken zwei Flüchtlingskinder im Mittelmeer.“

Doch der Tod ist nicht die einzige Gefahr, die auf der Flucht lauert: Viele Kinder sind gezwungen, zu arbeiten, um die Flucht zu finanzieren, sie erleben Gewalt und sexuelle Übergriffe, werden zu Prostitution und schwerer körperlicher Arbeit gezwungen, landen in Abschiebehaft und haben häufig lange Wartezeiten in Lagern und Jugendeinrichtungen, die seelischen Schaden verursachen.

terre des hommes setze sich dafür ein, kindspezifische Fluchtgründe als Asylgrund anzuerkennen und die Auswirkungen der Flucht auf bei Entscheidungen über Asylanträge zu berücksichtigen. Das betreffe zum Beispiel Kindersoldaten, Kinderehen und Kinderarbeit, erklärt Tanja Abubakar-Funkenberg. Zu den grundlegenden Rechten aller Kinder gehöre:

  • Nicht-Diskriminierung
  • Vorrang des Kindeswohls
  • Recht auf Leben und bestmögliche Entwicklung
  • Berücksichtigung des Kindeswillens
  • Kinder als Träger eigener Rechte

Diese würden nicht nur in den Herkunftsländern missachtet, sondern häufig auch in Deutschland. So sei zwar allgemein anerkannt, dass es zurzeit keine Methode gibt, die das genaue Alter eines Menschen bestimmen kann. Dennoch würden insbesondere unbegleitete Minderjährige ohne Pass häufig zu so genannten Altersbestimmungen geschickt. Besonders benachteiligt seien geflüchtete Kinder mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen, da sie kaum Zugang zu ärztlichen Leistungen oder Therapien haben, die Regelversorgung gilt für sie nicht. Auch das Recht auf Bildung wird nicht immer gewährt. Viele Flüchtlingskinder müssten viel zu lange auf den Besuch einer Kita oder der Schule warten, so Abubakar-Funkenberg.